INSIDE Dr. Markus Kurzwart leitet bei MOTOREX die Forschung und Entwicklung. Er und sein Team beschäftigen sich intensiv mit den Schmierstoffen der Zukunft. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern bereits heute in Pilotprojekten vielversprechende Resultate! NOCH VIEL POTENZIAL FÜR INNOVATIONEN … Wer denkt, dass beinahe alles bereits erfunden sei, irrt. Ein Gespräch mit Herrn Dr. Markus Kurzwart, dem Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei MOTOREX, zeigt auf, welch ungeahntes Potenzial an Innovationen die angewandte Schmierstofftechnik (Tribologie) aus ökonomischer und ökologischer Sicht noch bereithält. Bild: fotolia Herr Dr. Kurzwart, seit wann beschäftigt sich die Menschheit eigentlich mit der Reibungslehre? Es ist bekannt, dass das Multitalent Leonardo da Vinci (1452–1519) als Pionier gegen Ende des 15. Jahrhunderts bereits reibungstechnische Experimente (siehe Bild) durchführte. Das Interessante daran ist, dass die Grunderkenntnisse von damals noch heute Gültigkeit besitzen! Natürlich sieht es in unseren Laboratorien aktuell etwas anders aus (lacht), denn ohne modernste Analysegeräte und IT-gestützte Prozesse könnten wir uns nicht mit der nötigen Präzision und Schnelligkeit der F+E-Projekte annehmen. Welche Forschungs- und Entwicklungsprojekte haben Sie und Ihr Team dabei im Fokus? Wir forschen und entwickeln immer zielorientiert mit Schwerpunkten. Als Produktionsbetrieb in der freien Marktwirtschaft sind es marktorientierte F+E-Projekte, denen wir uns widmen. Oft arbeiten wir dabei auch eng mit den öffentlichen Hochschulen und Instituten zusammen. So zum Beispiel mit der ETH, der EMPA oder der KTI (Kommission für Technologie und Innovation der Schweiz). Können Sie uns einige Schwerpunkte aus Ihrer aktuellen F+E-Arbeit nennen? Gerne. Die gesetzten Schwerpunkte sind oft ineinander übergreifend und lassen sich deshalb nicht immer ganz so genau abgrenzen. Nachfolgend einige der aktuellen 16
Leonardo da Vinci hat sich schon am Ende des 15. Jahrhunderts der schmiertechnischen Grundlagenforschung gewidmet. Für jede Anwendung den exakt passenden Schmierstoff: MOTOREX verfügt im Bereich der Schmiertechnik über ein extrem breites Sortiment und Wissen. Schwerpunkte unserer Aktivitäten: 1. Steigerung der Energieeffizienz durch Reibwertund Verschleissminderung 2. Entwicklung von speziellen Schmierstoffen für Forschungsprojekte 3. Nutzung nachhaltiger Ressourcen/Alternativen zu traditionellen Rohstoffen 4. Einfluss der Schmierstoffe zur weiteren Reduktion von Emissionen 5. momentan noch nicht publikationsreife Projekte Wie weit ist eine Steigerung der Energieeffizienz überhaupt noch möglich? Für die Steigerung des Wirkungsgrads von Verbrennungsmotoren spielen Schmierstoffe eine zentrale Rolle. Bei Motorenoelen ist der Trend zu immer niedrigviskoseren (dünnflüssigeren) Formulierungen ungebrochen, und SAE 0W/20 wird schon bald die Standard-Viskosität sein. Damit eine Absenkung der Viskosität ohne einen Anstieg des Verschleisses möglich ist, entwickelte unsere Abteilung eine neuartige Low-Friction-(Leichtlauf)-Additivierung, die dem Belastungsprofil bei allen Reibungszuständen (Trocken-, Misch- und Flüssigkeitsreibung) in idealer Weise entspricht. Der Reibwert steht in direktem Zusammenhang mit dem Energieverbrauch aller bewegten Anwendungen. Neben der Senkung des Reibwertes konnte auch die Verschleissfestigkeit enorm gesteigert werden. Dies haben Messungen bei der EMPA bestätigt. Entwickelt MOTOREX auch nach Mass? In vielen Bereichen ist der Schmierstoff heute zu einem Konstruktionselement geworden. Die Anforderungen in den verschiedenen Anwendungen sind durch den Einsatz von einer unglaublichen Vielfalt der benutzten Materialien, Umgebungsbedingungen und Einhaltung von Auflagen sehr komplex geworden. So gibt es allein im Bereich der PKW-Motorenoele heute um die 50 herstellerspezifische Spezifikationen – Tendenz steigend! Was trägt die Natur zu Ihrer Arbeit bei? Eine ganze Menge – durch neue chemische Herstellungsund Veredelungsprozesse können wir immer öfter natürliche und nachwachsende Rohstoffe in der für uns geeigneten Form verwenden. Dadurch ersetzen wir dann Inhaltsstoffe, die z.B. aus unterschiedlichen Perspektiven kritisch oder nur mit einer unausgewogenen Energiebilanz generiert werden können. Der Gedanke zum nachhaltigen Wirtschaften gewinnt auch hier an Bedeutung. Spüren Sie die Auswirkungen der Globalisierung? Durch die Globalisierung müssen die nationalen Reglementierungen harmonisiert werden (Stichwort: GHS Globally Harmonized System bei der Einstufung der Stoffe). So kommt es vor, dass Stoffe z.B. in den USA zugelassen, in Europa aber nicht zugelassen sind. Das ist für international agierende Kunden natürlich nicht akzeptabel. Daher müssen unsere Rezepturen die international geltenden Vorschriften erfüllen (REACH, GHS-Kennzeichnung etc.). Die Bereitstellung der benötigten Sicherheitsdatenblätter und Kennzeichnung der Produkte ist eine grosse Anforderung an uns. Welche Erkenntnisse liefern Kundenmuster? Die Untersuchung eines gebrauchten Schmierstoffs ermöglicht Rückschlüsse über den Einsatz und den Zustand des Aggregats, ähnlich einer Blutanalyse beim Menschen. Zusätzlich kann damit festgestellt werden, ob das Produkt weiterhin eingesetzt werden kann oder gewechselt werden muss. Die Erkenntnisse aus zigtausend Analysen von Kundenmustern tragen aber auch massgeblich zur Entwicklung neuer Produkte bei. Herzlichen Dank für das interessante Gespräch. • MOTOREX MAGAZINE 103 I DEZEMBER 2014 17
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